
Es hatte doch so vielversprechend angefangen. Der 1.2 PureTech von PSA, der 2013 auf den Markt kam, hatte alle Zeichen auf Grün: kompakt, leicht, effizient, Euro-6-konform und wurde zwischen 2015 und 2018 sogar mehrfach zum „Motor des Jahres“ gewählt. Doch hinter dem Marketing und den Trophäen verbirgt dieser Dreizylinder einen gravierenden Konstruktionsfehler, den der Konzern nicht rechtzeitig anerkennen wollte. Das Ergebnis: Hunderttausende geschädigte Kunden, ein nachhaltig beschädigtes Markenimage und heute ein Einbruch des Stellantis-Aktienkurses von -58 % innerhalb eines Jahres. Dieser Motor ist zum perfekten Beispiel dafür geworden, wie eine fehlerhafte Technologie einen ganzen Konzern ins Wanken bringen kann.
Um Kompaktheit und Leistung in Einklang zu bringen, entschied sich PSA für einen sogenannten „nassen“ Zahnriemen: Er taucht in das Motoröl ein und soll Geräusche und Verschleiß reduzieren. Doch diese Lösung erwies sich als katastrophal. Die Verdünnung des Öls durch Kraftstoff zersetzt das Gummi des Riemens. Das Ergebnis: Mikropartikel verunreinigen den Ölkreislauf, verstopfen das Pumpensieb, reduzieren die Schmierung und führen im schlimmsten Fall zum kompletten Motorschaden.
Dies ist kein geringfügiger Defekt. Hier geht es um eine mechanische Abfolge, deren logisches Ende die vollständige Stilllegung des Fahrzeugs oder sogar eine Gefahr auf der Straße ist, wenn die Vakuumpumpe der Bremskraftverstärkung betroffen ist. Und doch sind die ersten Warnungen seit 2014 bekannt...
Anstatt schnell zu handeln, zog es PSA vor, zu zögern. Keine großflächigen Konstruktionsänderungen, kein Wechsel der Motorenstrategie, keine klare Kommunikation an die Kunden. Das Problem wurde als nebensächliches Kundendienstdetail behandelt, obwohl bereits Millionen von EB2-Motoren in den Modellen Peugeot 208, 308, 3008, 5008, Citroën C3, C4, DS3, Opel Corsa oder auch Toyota Proace City im Umlauf waren.
Im Jahr 2020 schlug die Europäische Kommission schließlich Alarm. Es folgten zwei massive Rückrufaktionen (2020 und 2022), doch für viele war es zu spät. Kaputte Motoren, Rechnungen in Höhe von mehreren Tausend Euro, oft abgelaufene Garantien und ein fast unmöglicher Weiterverkauf.
Seit der Fusion von PSA und FCA im Jahr 2021 hat Stellantis versucht, das Feuer zu löschen. Garantieverlängerungen auf bis zu 10 Jahre oder 175.000 km unter bestimmten Bedingungen, Zahnriemenwechsel, Steuergeräte-Updates, Ölpumpenprüfungen... Maßnahmen, die eher wie Flickwerk als wie eine echte technische Lösung aussehen. Im Jahr 2023 brachte der Konzern eine Version mit Steuerkette auf den Markt. Zu spät.
Das Vertrauen ist gebrochen. Reparaturen sind manchmal langwierig (bis zu 14 Arbeitsstunden) und werden nicht immer übernommen. Und in Sachen Kommunikation herrscht Funkstille: langsame Entschädigungsplattform, nicht eingehaltene Versprechen, Nichteinhaltung von Fristen, im Unklaren gelassene Kunden.
Angesichts der Untätigkeit beschloss eine Facebook-Gruppe mit über 24.000 Besitzern von Fahrzeugen, die mit dem 1.2 PureTech ausgestattet sind, zu handeln. Es wurde eine Sammelklage eingeleitet, deren Ziel eine Entschädigung oder die Übernahme der Reparaturkosten ist. Stellantis seinerseits zögert. Die Verhandlungsphase ist im Gange, aber die versprochenen Entschädigungen werden nicht ausgezahlt. Testachats hat bereits sieben Briefe an den Konzern geschickt, ohne eine klare Zusage zu erhalten.
In einer Welt, in der der Ruf einer Marke sowohl von der Produktqualität als auch von der Reaktionsfähigkeit des Kundendienstes abhängt, ist der PureTech-Fall eine Lehre, die man sich merken sollte. PSA wollte durch die Reduzierung der Zylinderzahl und die Entscheidung für eine fehlerhafte Technologie Geld sparen. Schlimmer noch: Der Konzern ließ die Situation jahrelang verkommen und weigerte sich, sich seiner Verantwortung zu stellen.
Das Ergebnis: ein unverkäuflicher Motor, ein allgemeines Misstrauen der Kunden, eine juristische Spirale und kolossale Börsenverluste. Heute ist das Image des PureTech, und damit das von Stellantis, unabhängig von Versprechungen oder technischen Korrekturen irreparabel beschädigt.
Bei WOT setzen wir auf kontrollierte Leistung und nachgewiesene Zuverlässigkeit. Wir kennen die technischen Kompromisse, die Hersteller eingehen müssen, aber wenn die Zuverlässigkeit zugunsten der Rentabilität in den Hintergrund tritt, geht das nicht. Ein Motor ist kein Software-Gadget, das man nachträglich patchen kann. Es gibt physische, technische und menschliche Folgen.
Der 1.2 PureTech hatte echtes Potenzial. Aber die Entscheidung, einen Zahnriemen in instabiles Öl einzutauchen, ohne ernsthafte Langzeittests durchzuführen, ist ein Konstruktionsfehler. Ihn 10 Jahre lang nicht zu korrigieren, ist ein strategischer Fehler. Und sich gegenüber den Kunden taub zu stellen, ist ein moralischer Fehler.
Das Traurigste ist, dass ein schlecht geborener, schlecht geführter Motor einem ganzen Konzern schaden kann, selbst wenn er anderswo wirklich gute Dinge anbietet.