
Europa wollte seinen Rückstand aufholen, hat aber gerade eines seiner größten Symbole im Batteriewettlauf verloren. Northvolt, das schwedische Unternehmen, das die industrielle Unabhängigkeit des Kontinents im Bereich der Batterien für Elektrofahrzeuge verkörpern sollte, hat gerade Insolvenz angemeldet. Ein Schiffbruch, der viel über die Eile und mangelnde Vorbereitung Europas angesichts seiner eigenen Energiewende aussagt.
Northvolt hatte sich mit seinen gigantischen Ambitionen als Speerspitze eines Europas etabliert, das mit den asiatischen Giganten der Branche konkurrieren kann. Unterstützt von führenden Investoren, darunter Volkswagen und Goldman Sachs, hatte das Unternehmen mehr als 10 Milliarden Dollar für seine Entwicklung eingesammelt. Doch trotz dieser kolossalen Finanzierung gelang es ihm nie, seine Produktionsziele zu erreichen. Der Markt wartete derweil nicht: Die Hersteller verloren die Geduld, und die asiatische Konkurrenz, die bei Preis und Produktion weitaus wettbewerbsfähiger war, knabberte weiter Marktanteile ab.
LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat), die in China massenhaft produziert und von Akteuren wie BYD und CATL eingesetzt werden, haben sich dank ihrer reduzierten Kosten durchgesetzt. Europa hingegen setzte auf die NMC-Technologie (Nickel-Mangan-Kobalt), die teurer und angesichts der Rentabilitätsanforderungen der Hersteller weniger wettbewerbsfähig ist. Das Ergebnis? Ein untragbares Wirtschaftsmodell, zu hohe Produktionskosten und ein Markt, der sich von Northvolt abgewandt hat.
Der Fall Northvolt ist das perfekte Beispiel für eine Energiewende, die ohne eine wirklich solide Industriestrategie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durchgeführt wird. Europa hat drastische Fristen für den Übergang zur Vollelektrik gesetzt, ohne sicherzustellen, dass das Ökosystem bereit war. Das Ergebnis: Industrieprojekte, die nur schwer in Gang kommen, Akteure, die nicht mithalten können, und ein Markt, der massiv auf Lösungen aus Asien umschwenkt.
Die massiven Investitionen in die Entwicklung von Northvolt haben nicht ausgereicht, um eine unerbittliche wirtschaftliche Realität auszugleichen: Ohne Wettbewerbsfähigkeit, ohne solide Strukturierung und ohne eine Nachfrage, die ausreichend auf das Angebot abgestimmt ist, verwandeln sich Ambitionen in finanzielle Löcher. BMW, einst ein wichtiger Partner, kündigte 2024 seinen 2-Milliarden-Dollar-Vertrag mit Northvolt und versetzte dem Unternehmen damit einen tödlichen Schlag.
Die Insolvenz von Northvolt wirft eine grundlegende Frage auf: Hat Europa wirklich die Mittel, um seine Ambitionen im Bereich der Elektrofahrzeuge zu verwirklichen? Während die Batterieproduktion zu mehr als 90 % von chinesischen, koreanischen und japanischen Unternehmen dominiert wird, fällt es der Europäischen Union schwer, eine glaubwürdige Alternative aufzubauen. Gigafactory-Projekte häufen sich, aber keines hat bisher seine Fähigkeit bewiesen, mit Asien zu konkurrieren.
Das Dogma der Vollelektrik, das ohne industrielles Sicherheitsnetz durchgesetzt wurde, zeigt heute seine Grenzen. Die europäischen Hersteller selbst überdenken ihre Pläne: Volkswagen, Mercedes und andere Giganten bewerten die Relevanz einer vollständigen Elektrifizierung neu und blicken wieder auf optimierte Verbrennungsmotoren. Ein Beweis dafür, dass Europa vielleicht den Karren vor das Pferd gespannt hat.
Northvolt ist die Geschichte eines industriellen Traums, der unter dem Gewicht eines überstürzten Übergangs zusammenbricht. Wer ein Modell durchsetzen will, ohne über solide Grundlagen zu verfügen, riskiert, dass seine Industrie angesichts besser vorbereiteter Wettbewerber zusammenbricht. Anstatt unrealistischen Fristen hinterherzulaufen, muss Europa nun seine Strategie überarbeiten und eine Strategie entwickeln, die seine Wettbewerbsfähigkeit nicht auf dem Altar politischer Entscheidungen opfert, die von der Realität abgekoppelt sind.
Elektro ist vielleicht die Zukunft, aber man muss sich auch die Mittel dazu geben. Und im Moment zahlt Europa einen hohen Preis für seine Ungeduld.